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05.02.22 –
Wir haben mit Ricarda Lang, Omid Nouripour, Emily Büning, Pegah Edalatian, Heiko Knopf und Marc Urbatsch einen neuen Bundesvorstand. Zur Wahl ist zu berichten, dass es leider sehr wenige, und noch weniger erfolgversprechende, Gegenkandidaturen gab. Dennoch musste Ricarda mit dem Malus der Vorwürfe gegenüber dem alten BuVo ins Rennen gehen, was sich in einer, meines Erachtens nicht gerechtfertigten, mageren 75% Zustimmung zeigte. Besser schnitten Omid als Co-Vorsitzendet, Emiliy als politische Geschäftsführerin, Marc als Bundesschatzmeister und Pegah als stellvertretende Bundesvorsitzende ab.Für den offenen Platz des stellvertretenden Bundesvorsitzenden gab es mehrere Bewerbungen, gegen die sich Heiko souverän durchsetzen konnte. Dennoch muss den beiden weiteren Bewerbern zugutegehalten werden, dass auch sie einen Mehrwert für den Bundesvorstand gebracht hätten. So kann man Philipp Schmagold fundierte Kenntnisse im Bereich Ökologie nicht absprechen und auch ein engagierter Nicht-Akademiker aus den neuen Bundesländern wie es Daniel ist hat seine Vorteile.
Nichtsdestotrotz dürfen wir uns über einen Vorstand freuen, der die Vielfalt unserer Gesellschaft abbildet.
Ein Novum haben wir außerdem, das in Form von Satzungsänderungsanträgen bereits im Vorfeld seinen Niederschlag gefunden hat: Beide Vorsitzenden sind auch Abgeordnete im Bundestag.
Unsere Satzung steht dem zwar nicht entgegen, sie erlaubt bis zu zwei Abgeordnete des Bundestags im Bundesvorstand, jedoch wurde dies bisher durch maximal eine Person des Sprecher*innen-Teams genutzt und ggfs. noch durch eine*n Stellvertreter*in.
Und ja, auch ich denke, hier darf man sich Gedanken machen und damit komme ich zum nächsten Punkt: Den Anträgen.
Hier merken wir Delegierte einen ersten Unterschied schon im Vorfeld: Wir werden verstärkt darauf hingewiesen, die Fraktion und die Grünen Kabinettsmitglieder nicht durch eine uneinige, zu kritische Basis zu schwächen.
Das ist ein valides Anliegen, aber andererseits frage ich mich dann, wofür wir dann Parteitage brauchen. Parteitage sind auch ein Ort des produktiven Diskurses, Austausches und auch ein Stimmungsbild der Basis für Bundesvorstand und Fraktion. Wir können doch nicht solange wir in Regierungsverantwortung sind, nur abnicken und durchwinken. Hier müssen wir einen Modus Operandi finden.
Weitere Probleme bei den Anträgen hat Martin Pilgram, der auch ohne Delegiertenmandat, mit uns bei dieser BDK bis zum (teils bitteren, nächtlichen) Ende durchgehalten hat, formuliert:
„Nachts nach 1:00 Uhr sollten keine Abstimmungen mehr durchgeführt werden. Auch sollte man dies, wenn man es vorher schon weiß, auch den Delegierten so kommunizieren. Und wenn es so eng wird muss man das Beiprogramm straffen und etwa die Verabschiedungen ans Ende legen und nicht die Abstimmungen.
Zur Aktuellen Debatte lagen der BDK nur 8 reguläre Anträge vor, vorwiegend das Thema Krieg und Frieden betreffend.
Nach den Diskussionen zum Wahlprogramm und den Koalitionsverhandlungen standen auch Anträge aus dem Umfeld der Friedensbewegung zur Abstimmung. Einer wandte sich gegen die Anschaffung von neuen Atombombern und einer gegen die Bewaffnung von Drohnen. Leider fanden beide keine Mehrheit, weil in den Gegenreden darauf hingewiesen wurden, dass bei positiven Beschlüssen die Koalitionspartner andere Verhandlungsergebnisse wieder aufmachen würden. Kann man so sehen, aber selbst beim SPD Parteitag im Dezember konnte ein Antrag gegen die Bewaffnung von Drohnen zur weiteren Diskussion angenommen werden.
In wie weit die Anträge zur Taxonomie der Regierung den Rücken stärken können, bleibt abzuwarten. Jedenfalls stellten sich hinter den Antrag Kernenergie und Gas nicht als nachhaltig einzustufen auch EU- und Bundestagsparlamentarier. So konnten die mit großer Mehrheit auch angenommen werden.“
Aus den Reihen der Antragssteller*innen kam folgende Stellungnahme, die ich gerne mit Euch teilen möchte:
„Gewählt wurden die Grünen aus der Hoffnung auf die Bewältigung der Klimakrise, die zivile Lösung von militärischen Konflikten und eine demokratische Kultur. Wir haben uns auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) 2022 dafür eingesetzt, diesem Anspruch als Partei gerecht werden.
40% der Stimmen für den Antrag "Aufrüstungsspirale beenden: Entschiedene Friedenspolitik statt Drohen mit Drohnen!" sind ein sehr gutes, wichtiges Signal: Die öffentliche Debatte ist damit eröffnet. Gelungen ist das durch eine Wiederaufnahme der intensiven Zusammenarbeit der grünen Basis mit Akteur*innen der deutschen und der internationalen Friedensbewegung.
78% Zustimmung für den Antrag "Keine Renaissance der Atomenergie in Europa" zeigen ein Wiedererstarken der atomkritischen Position der Grünen. Die Atomfabriken in Lingen und Gronau sowie die französischen Bestrebungen zum Ausbau der sogenannten "zivilen" Nutzung werden im Beschluss scharf kritisiert. Voraussetzung für die atomare Waffenproduktion ist immer eine Infrastruktur zur "zivilen" Nutzung von Atomenergie. Dies wurde erstmalig deutlich problematisiert.
86% der Delegierten votierten für unseren Antrag "EU-Taxonomie: Klare Kante gegen Atom und Gas - kein Greenwashing!". B’90/Die Grünen sprechen sich nun unmissverständlich gegen die Aufnahme von Erdgas und Atomkraft in die Taxonomie aus. Grüne Minister und Abgeordnete werden eindrücklich aufgefordert, gegen den Vorschlag der EU-Kommission zu stimmen. Falls erforderlich soll Deutschland dagegen klagen. Damit nimmt die BDK - wie von uns und der EP-Fraktion beantragt - das Verlangen der Zivilgesellschaft nach einer klaren Positionierung der Grünen auf.
Die Bedeutung der Beteiligung der Parteibasis und der Trennung von Amt und Mandat bleiben umstritten, wie auch die kontrovers diskutierten Satzungsänderungen zeigen. In diesem Konflikt ist es umso mehr an allen Basismitgliedern und -organisationen, sich verstärkt einzubringen! Wir setzen uns stetig dafür ein. (PM Karl-Wilhelm Koch über die Unabhängige Linke)
Ergänzend möchte ich noch kurz auf die beiden umstrittensten Satzungsänderungsanträge eingehen:
Zunächst der Antrag des BuVo, das Quorum für Anträge an die BDK von 20 Mitgliedern auf 0,1% der Gesamtmitgliederzahl zu erhöhen. Das wären aktuell rund 120. Der Antrag wurde bereits im Stimmungsbild abgelehnt zugunsten des auch von mir präferierten Kompromiss von 50 Unterstützer*innen. Das Problem eines zu hohen Antragsaufkommens, das sowohl die Antragskommission als auch die Delegiertenkonferenz ( in Vorbereitung als auch Durchführung) überlastet, wird m.E. nicht durch eine solch massive Erhöhung gelöst. Das Gros der Anträge (die häufig aus einem kleinen Pool von Mitgliedern kommen) wird dadurch nicht verhindert. Diese Personengruppe kann auch 100 Unterstützer*innen mehr organisieren, da sie gut vernetzt sind. Wer hier vor Probleme gestellt wird, sind schlechter vernetzte Personen, die wir damit vom Diskurs ausschließen. Da hilft es auch nur begrenzt, dass Kreis- und Ortsverbände von dem Quorum befreit sind. Sinnvoller wäre wohl, dass Procedere transparenter und mehr auf frühzeitige Teilhabe zu gestalten. Vielleicht würden sich dadurch aus vielen Anträgen einige wenige bündeln und die Flut von Änderungsanträgen reduzieren lassen.
Ich denke, dieses Thema wird uns noch länger beschäftigen, da letztendlich ein Kompromiss zwischen „basisdemokratischer Mitmachpartei“ und „pragmatischer Regierungspartei“ gefunden werden muss. Der neue Stand ist nach Abstimmung: 50 Unterstützer*innen für Anträge, 25 Unterstützer*innen für Änderungsanträge.
Der zweite Satzungsänderungsantrag betraf die Trennung von Amt und Mandat. Er wurde abgelehnt und es besteht weiterhin die o.g. Regelung, dass 2 Mitglieder des Bundesvorstands auch ein Bundestagsmandat innehaben dürfen. Ich verstehe das Argument dafür, dass eine gute Vernetzung Fraktion/Bundesverband notwendig ist und dafür Mitglieder des Bundestags auch im Bundesvorstand vertreten sein sollten. Ob das jedoch beide Vorsitzende sein sollten halte ich persönlich für diskussionswürdig.
Nach diesen langen Ausführungen möchte ich Euch noch der neuen Parteirat vorstellen, mit dem ich grundsätzlich sehr zufrieden bin ( Die weiteren gewählten Gremien könnt Ihr hier nachlesen: www.gruene.de/parteistruktur-und-gremien).
Mit Ska Keller und Erik Marquart haben wir einen guten europäischen Fokus, mit Katha Schulze (Stimmenkönigin!), Mona Neubauer, Franziska Schubert, Belit Onay und Christian Meyer sind die Bundesländer gut vertreten, mit Britta Hasselmann und Katharina Dröge die Fraktion, mit Georg Kössler die BAGen, mit Katharina Horn die Grüne Jugend und mit Annalena Baerbock und Robert Habeck auch das Kabinett. Riccarda, Omid und Emily sind qua Amt für den Parteirat gesetzt.
Alles in allem war es ein interessanter Parteitag, es war anstrengend und ich hoffe sehr, recht bald nach den vielen online Delegiertenkonferenzen, auch mal wieder den Kreis „in echt“ vertreten zu dürfen.
Eure Delegierte
Andrea Schulte-Kraus
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