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12.01.18 –
Von Bernd Pfitzner
Der traditionelle Neujahrsempfang der Kreisgrünen, der dieses Jahr in der evangelischen Akademie Tutzing stattfand, steht unter dem Leitmotiv „Wie wollen wir leben“.
Kerstin Täubner-Benicke, Professor Harald Lesch, Bernd Pfitzner (von links nach rechts)
Dazu lädt der Kreisverband sich prominente Zeitgenossen ein, die den „Blick über den Tellerrand“ ermöglichen. Der Kreisvorsitzende Bernd Pfitzner betont: „Wir möchten diesen Abend eigentlich frei von Parteipolitik halten“. Das gelang an diesem Abend allerdings nur zum Teil, da Pfitzner selber gerade für das Bürgermeisteramt in Tutzing kandidiert. Eine Bemerkung dazu lieferte er bei seiner Empfehlung an die vielen anwesenden Tutzinger, ihre Stimme doch dem Kandidaten zu geben, der bereits wirklich konkrete Konzepte und Lösungsansätze vorgelegt hat. Tutzing solle nicht nur gut verwaltet, sondern auch zukunftsfähig gestaltet werden.
Akademiedirektor Udo Hahn freute sich in seinem Grußwort nicht nur über den prominenten Redner sondern auch darüber, dass der Musiksaal mal wieder randvoll besetzt ist. Kreisvorsitzende Kerstin Täubner-Benicke bedauerte: „Leider musste wir wegen feuerpolizeilicher Auflagen einigen Interessierten absagen und nicht angemeldete Personen wieder wegschicken.“ Neben vielen Tutzingerinnen und Tutzinger konnte Kreisvorsitzender Bernd Pfitzner unter anderem die Direktorin der Politischen Akademie Prof. Ursula Münch, die scheidende Pfarrerin Ulrike Wilhelm, die Vorsitzende des Freundeskreises der evangelischen Akademie Brigitte Grande und den grünen Schondorfer Bürgermeister Alexander Herrmann begrüßen.
Prof. Harald Lesch referierte über eine dreiviertel Stunde frei und, wie er sagte, vollkommen unvorbereitet, aber in seiner bekannt unterhaltsamen und kurzweiligen Art zum Thema: „Unsere Demokratie – Gedanken eines irritierten Wählers“. Dabei zeigte er absolutes Unverständnis dafür, dass sich bei den aktuellen Sondierungen in Berlin CDU/CSU und SPD einfach so von den Klimazielen 2020 verabschieden wollen. Dabei zollte der Wissenschaftler den GRÜNEN Anerkennung: „Sie sind die einzige Bewegung, die die Naturgesetze anerkennt. Alle anderen Parteien verhalten sich so, als könne man mit der Natur verhandeln“. Die Gefahren in unserer Gesellschaft sieht Harald Lesch besonders in unserer „Immer-weiter-so“-Mentalität. In Deutschland geht die Welt nicht offensichtlich unter, also wird die Energiewende als Wettbewerbsnachteil hingestellt, Phänomene wie das Insektensterben werden weg gebügelt. In unserer Welt würden alle Bereiche ökonomisiert – auch die Wissenschaft. In der Wissenschaft gehe es aber eigentlich um die Suche nach der Wahrheit, darum nachfolgenden Generationen zu helfen, in die Welt hinein zu wachsen. Das dürfe nicht vom Geld abhängen. Er wünschte sich Deutschland als ein Land, das jeden Mensch in seiner Würde sieht, und das nicht als erstes danach fragt, welchen Nutzen einen Menschen habe und darüber hinaus als ein Land, das die europäische Idee hoch hält. Sein Vorschlag dazu, um dem Ausdruck zu geben: die Europahymne „die Ode an die Freude“ solle jeden Tag in den Schulen gesungen werden.
Lesch kritisierte die Ökonomisierung der Gesellschaft. Er streicht dabei heraus, dass Ideale, die über lange Zeit das Zusammenleben unserer Gesellschaft bestimmt haben, an Bedeutung verlieren. Stattdessen bestimmten Marktgesetze und Börsenkurse das Leben. In unserer Gesellschaft wird der Kapitalerwerb durch Kapital stärker „belohnt“ als der der Kapitalerwerb durch Arbeit. Reichtum, der von der Gemeinschaft erarbeitet wird, sollte auch der Gemeinschaft gehören. Die Privatisierung von z.B. Wasser- und Energieversorgung passt da nicht dazu. Die Kunden finanzieren alles (Leitungen, Personal usw.), trotzdem streichen einzelne die Gewinne ein.
Lesch appellierte dafür, dass gerade Deutschland als reiches Land sich den Elefantenthemen Klimawandel und Migration stellen sollte: „Deutschland ist reich an Geld und an Persönlichkeiten – gemeinsam können wir viel verbessern, uns über die Vielfalt freuen.“
Zum Abschluss wünschte Prof. Lesch seinen Zuhörern noch ein gutes Jahr 2018: „Wir sollten großzügig mit uns und mit anderen sein. Machen Sie etwas aus dem Jahr 2018. Vielleicht wird es ja ein Jahr des Lächelns.“
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